Die Stellung der US-Tochter innerhalb des CargoLifter-Projektes

Der Insolvenzverwalter der CargoLifter AG äußerte sich in Schriftsätzen dahingehend, dass die „Mittelverwendung nach wie vor ungeklärt“ sei. Dies gelte „insbesondere für Vermögensabflüsse in die USA in Höhe von nahezu 60 Mio. DM, denen kein erkennbarer Vermögensgegenstand gegenübersteht“. Die folgende Darstellung stellt klar, welche Rolle die US-Tochter innerhalb des CargoLifter-Projektes einnahm und welche Werte damit für das Unternehmen geschaffen wurden.

Die Bedeutung der USA für das Projekt CargoLifter

Die analytischen Vorstudien zum Projekt CargoLifter wurden durch ein Team an der University of North Carolina at Chapel Hill in den Jahren 1993/94 erarbeitet. Die Mitglieder dieses Kernteams waren auch in die weiteren Studien des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer) 1994/95 integriert und sind Gründungsmitglieder der CargoLifter AG 1996. Neben der generellen Bedeutung des nord- und süd-amerikanischen Marktes muss man wissen, dass in den USA eine alte Tradition von Großluftschiffen (Akron, Macon etc.) bestand und nach dem Ende der Zeppelinära die Luftschifftechnologie im Wesentlichen in den USA weiterentwickelt und betrieben wurde. Deshalb stehen in den USA im Gegensatz zu Deutschland auch noch mehrere große Luftschiffhallen, u.a. in North Carolina. Allein im 2. Weltkrieg hatten die Amerikaner weit über 100 Luftschiffe im Einsatz und haben bis in die 60er Jahre hinein ihre Küstenüberwachung durch Prallluftschiffe durchgeführt. Anfang der 90er Jahre wurde bei der Firma T-Com in North Carolina im Auftrag der US Marine das größte Luftschiff der Nachkriegszeit gebaut und erprobt, das als Prototyp für ein 50.000-Qubikmeter-Luftschiff diente. Bedauerlicherweise fielen diese Luftschiffe einem Brand der Halle im Jahr 1993 zum Opfer. Zu dieser Zeit betrieb auch die Firma Lockheed Martin ein Projekt für ein 500-Tonnen-Luftschiff zum Transport von Containerfrachten. Dies bedeutet, dass sich ein Großteil der Erfahrung in der Entwicklung, dem Bau und dem Betrieb von modernen Luftschiffen zu diesem Zeitpunkt in den USA befand. Deshalb war es von Beginn an wichtig für CargoLifter, dieses Fachwissen in das Projekt zu integrieren und sich durch eine Repräsentanz in den USA auch den Zugang zu den Zulieferunternehmen und dem Markt Amerika zu sichern.

Aus diesem Grunde wurde 1997 die CargoLifter Inc. mit Sitz in North Carolina gegründet. Die Gesellschaft führte ihre Geschäfte von Beginn an in einem typischen Mietoffice mit einem Kernteam von zunächst vier Personen, das sukzessive aufgebaut wurde. In der Phase der Entwicklung des CL 75 erreichte die Mannschaft ca. 17 Personen, die durch externe Experten ergänzt wurde. Der Aufwand der CargoLifter Inc. wurde, wie bei den anderen Tochtergesellschaften, detailliert budgetiert und über das Konzern-Controlling überwacht. Die Finanzmittel wurden der Gesellschaft entsprechend des Budgets von der Muttergesellschaft pro Monat zur Verfügung gestellt und entsprechend den erfolgten Ausgaben verbucht. Die Buchhaltung wurde nach amerikanischen Richtlinien erstellt und geprüft und in die Konzernrechnungslegung durch die von der Hauptversammlung bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young einem Review unterzogen und in den Konzernabschluss nach den internationalen US GAAP Richtlinien integriert.

Die Aktivitäten der CargoLifter Inc. 1997 – 2002 für die Entwicklung des CL 160

Eine der Kernaufgaben der CargoLifter Inc. war es, das in den USA vorhandene, umfangreiche Fachwissen gezielt in die Entwicklung des CL 160 einfließen zu lassen. Dazu wurden über die CargoLifter Inc. zahlreiche Experten aus der Leichter-als-Luft-Technologie eingeschaltet. Dies reichte von Experten im Bereich der Entwicklung bis hin zu einer der absolut anerkannten Größen, die die Zulassungsbedingungen für Luftschiffe bei der FAA geschrieben hat. Über diese Fachleute erhielt das CargoLifter-Entwicklungsteam auch Zugang zu namhaften Unternehmen der Luft- und Raumfahrt in den USA, die bereits in frühere Luftschiffprojekte eingebunden waren. Nicht umsonst stammt ein Großteil der Partnerunternehmen für den CL 160 aus dem amerikanischen Raum, wie etwa der Triebwerkslieferant General Electric, Hamilton Sundstrand für die elektrischen Systeme, Vickers/United Technologies für die hydraulischen Systeme, Rolls Royce Gearbox für die Getriebe, T-Com für die Hülle etc. Da sich das CargoLifter-Entwicklungsteam für den Entwicklungsprozess der modernen, amerikanisch geprägten Vorgehensweise des sog. „Systems Engineering“ unter Einbindung zahlreicher äußerst erfahrener Mitarbeiter der Firma Syntec bediente, wurden in diesen Bereichen auch mehrere amerikanische Fachleute teilweise sogar an verantwortlicher Stelle in die Entwicklungsmannschaft auf dem Brand integriert. Dabei wurde die Entsendung der Personen teilweise über die CargoLifter Inc. abgewickelt und abgerechnet, teilweise wurden die Fachleute später auch direkt bei der CargoLifter Development GmbH angestellt. Dies gilt insbesondere für die von Boeing übernommenen Fachingenieure. Der Gegenwert deren Leistung befindet sich in der Gesamtentwicklung des CL 160, worunter beispielsweise auch die heute immer noch als hervorragend bezeichneten Leistungen im Bereich der Entwicklung des Blitzschutzes fallen. Inwieweit es gelingt, diese Werte zu erhalten, ist derzeit noch offen und steht unter der Verantwortung des Insolvenzverwalters.

Die Rolle der CargoLifter Inc. für den CL 75

Auch wenn die Länge des CL 160 mit der der Hindenburg als dem größten Starrluftschiff nahezu identisch war, so wurde vor allem in der Dimension der Hülle und der Befüllung dieser prallen Traggaszelle Neuland beschritten. 1999 wurde deshalb erwogen, als einen Schritt in der Entwicklung des CL 160 ein Leichter-als-Luft-Gerät zu bauen, das von seinen Dimensionen her in die Größenordnung des CL 160 fällt. Als Instrument wurde ein Lastballon mit einem Durchmesser von 61 m gewählt, der damit fast einen Querschnitt des CL 160 mit 65 m darstellt. Mit einem Volumen von über 100.000 Kubikmetern Helium können auch wesentliche Messdaten für die in Computerprogrammen errechneten aerodynamischen Stabilitätswerte gewonnen werden, die für das Manövrier- und Flugverhalten von großer Bedeutung sind. Mit der Größe des CL 75 kann auch belegt werden, dass ein großes Leichter-als-Luft-Gerät auf Grund seiner Masse eine ausgeprägte Eigenstabilität hat – einer derjenigen Punkte, die immer wieder in der Öffentlichkeit in Zweifel gezogen wurden, ebenso wie die Funktionsfähigkeit des für den CL 160 geplanten Lastaustauschverfahrens. Mit einem befahrbaren Lastaufnahmerahmen und der gesamten Technik des Ballastwasseraustausches kann der CL 75 nicht nur die entsprechenden Tests durchführen, sondern besitzt mit einer Tragfähigkeit von 75 Tonnen auch das Potenzial, bereits im Markt für den Transport von Groß- und Schwerlasten eingesetzt zu werden.

Da einer der führenden Personen des CargoLifter-Teams früher als technischer Direktor der Firma T-Com in North Carolina bereits Tests mit der Navy für den Transport von Lasten mittels eines von einem Hubschrauber gezogenen Aerostaten durchgeführt hatte, wurde er als verantwortlicher Projektmanager mit der Entwicklung, dem Bau und den Tests für den ursprünglich unter der Bezeichnung „Tow Tec“ (für gezogenen Ballon) laufenden CL 75 beauftragt. Dieses Projekt wurde mit einem eigenen Budget als Teilprojekt der Gesamtentwicklung geplant und als solches auch vom Aufsichtsrat der CargoLifter AG genehmigt. Als Cost Center wurde die US Tochter bestimmt, da sich hier nicht nur wesentliche Know-how-Träger befanden, sondern auch das Hüllenmaterial aus den USA stammte und nur T-Com über die Kapazitäten verfügte, diese große Ballonhülle zu fertigen. Man mss sich auch vergegenwärtigen, dass sich zu dem damaligen Zeitpunkt die CargoLifter-Halle gerade erst im Bau befand. Auch der zweite wesentliche Systemlieferant, die Firma Advantec für den Lastaufnahmerahmen, hatte ihren Sitz an der Ostküste. Zudem zeichnete sich damals bereits ab, dass in den Weiten der USA und Kanadas große Einsatzgebiete für den Transportballon bestehen und auch das amerikanische Militär in Anknüpfung an die früheren Tests Interesse zeigte. Mit einer Abwicklung über die US-Tochter bot sich damit auch die Möglichkeit, für die späteren Tests eine Co-Finanzierung seitens der amerikanischen Regierung für den Einsatz als Transportgerät für das Militär zu erhalten. Hierzu war es wichtig, dass neben der Federführung durch die US-Gesellschaft auch das Gesamtprojekt CargoLifter stärker in den USA präsentiert wurde und nicht als rein „deutsches“ Projekt galt. Die Anträge gingen zunächst über 10 Mio. US-$ und liefen bis zu den Wirren nach dem 11. September 2001 positiv.

Die Firma T-Com als Systemlieferant für die Hülle war zwar in der Lage, die 61 m Durchmesser große Hülle zu fertigen. Die nur 55 m hohe Halle in Weeksville erlaubte aber nicht die Endmontage und die notwendigen Systemtests vor dem Praxistest im Feld. Deshalb war geplant, dass der Lastballon mit den aus den USA kommenden Teilen in Deutschland in der Ende 2000 fertiggestellten Halle in Brand endmontiert und getestet werden sollte, dann aber wieder in die USA zu den Praxistests mit den US Marine zurücktransportiert werden sollte. Dies hatte konsequenterweise auch zur Folge, dass die Arbeiten an der Endmontage, der Befüllung und auch die Groundtests inkl. Aushallen unter Oberleitung der Amerikaner stattfand und die Kosten der Arbeiten für die Endmontage etc. seitens der CargoLifter Development GmbH an das Cost Center CargoLifter Inc. weiterberechnet wurden. Die Arbeiten der amerikanischen Zulieferer in Deutschland wurden ohnehin direkt über die US-Tochter abgerechnet. Die für die Entwicklung, den Bau und die Tests des CL 75 aufgelaufenen Kosten belaufen sich auf etwas über 20 Mio. Euro. Diese Kosten sind teilweise den Entwicklungskosten des CL 160 als Entwicklungs- und Testgerät zuzurechnen und enthalten neben der Erarbeitung der Grundlagenkonstruktion und Berechnung der spezifischen Kräfte für die einzelnen technischen Komponeten Kosten für die Entwicklung und Herstellung der Ballonhülle mit allen druckunterstützenden Systemen durch T-COM sowie die Entwicklung und Bau des Lastaufnahmerahmens inkl. der Mechanik, Elektronik und den Wasserballasttanks durch die Firma Advantec sowie die Montage und die Tests auf dem Brand.

Mit dem in der Halle erstmals aufgebauten CL 75 (Gesamthöhe 82 m), den erfolgreich verlaufenen Drucktest des für CargoLifter neu entwickelten Hüllenmaterials und der erstmaligen Befüllung eines Körpers mit 100.000 Kubikmetern Helium wurden wesentliche Elemente für die Entwicklung und den Bau des CL 160 erfolgreich getestet. Dies gilt vor allem für die wertvollen Messdaten beim Aushallen, dem Verziehen und Verankern des Ballones auf dem Flugfeld und letztlich mit dem erfolgreich demonstrierten Lastaustausch mit einem über 50 t schweren Minenräumgerät im Mai 2002.

Der CL 75 wurde nach Anmeldung der Insolvenz trotzt entsprechender Hinweise an den Insolvenzverwalter nicht rechtzeitig vor dem Sturm, der Windgeschwindigkeiten erreichte, die über die für den Testballon angesetzten Geschwindigkeiten lagen, in die Halle zurückgeholt. Dass bei diesem Sturm der CL 75 zerstört wurde und später vom Insolvenzverwalter die Verschrottung des Lastaufnaherahmens angeordnet wurde, ändert nichts daran, dass mit diesem Geld ein ganz entscheidender Wert für CargoLifter und die Entwicklung des CL 160 geschaffen wurde, auch wenn er jetzt leider bis auf die Messdaten und die Konstruktionszeichnungen zerstört ist.

Der Aufbau des Bereiches „Operations“ inkl. dem Erwerb des SkyShip 600 B

Aufgabe von CargoLifter war es, dem Markt eine Transportleistung für Groß- und Schwerlasten mittels des „schwebenden Kranes“ zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet auch für den Entwicklungsprozess, dass es nicht nur galt, ein „großes Luftschiff“ zu entwickeln und zu bauen, sondern ein funktionsfähiges Transportgerät, das später im operativen Betrieb effizent die Anforderungen des Marktes erfüllen kann. Dazu wurde von Beginn an gerade unter Einschaltung der „Amerikaner“ das Pflichtenheft entsprechend den Anforderungen des Groß- und Schwerlastmarktes geschaffen, das kontinuierlich unter Einschaltung auch von Experten wie dem Unternehmen Paragon aus den USA weitergeschrieben wurde. Unter der Mitwirkung des Managements der US Tochter mit Unterstützung entsprechender Berater wie der Firma Syntec und weitere Luftfahrtexperten aus Washington wurden auch die Verhandlungen mit der FAA für alle Zulassungsfragen geführt, die sich bis hin zu Treffen der FAA mit dem LBA (Luftfahrtbundesamt) entwickelten. Dadurch wurde erreicht, dass in enger Abstimmung erstmals seit Jahrzehnten wieder eine deutsche Behörde federführend eine Zulassungsrichtlinie für Großluftschiffe erstellt hat, die zugleich von der FAA anerkannt wurde. Alle diese Verhandlungen sind personalintensiv und bedürfen der Unterstützung von Personen, die in der einschlägigen Materie über entsprechendes Fachwissen (mit den entsprechenden Honoraranforderungen) verfügen.

Im Zuge der sich an den geplanten operativen Einsätzen orientierenden Entwicklung zeigte es sich, dass nur mit eigener Erfahrung im Betrieb von Leichter-als-Luft-Geräten der Gesamtprozess sinnvoll durchgeführt werden kann. Dazu gehörte nicht nur der CL 75 für das Handling der Lasten, sondern auch der Betrieb eines Luftschiffes zur Erarbeitung von spezifischen Flugerfahrungen, wie z.B. Positionierverhalten bis hin zur Ausbildung der Piloten. Zu diesem Zwecke wurde ebenfalls im Jahr 2000 entschieden und auch vom Aufsichtsrat genehmigt, das größte derzeit auf dem Markt erhältliche Luftschiff zu erwerben – ein SkyShip 600 B. Dieses Luftschiff war zu diesem Zeitpunkt nur mit amerikanischer Zulassung entsprechend der FAA-Regeln verfügbar. Da sich der Verkäufer des Luftschiffes ebenfalls in Amerika befand, wurde die gesamte Abwicklung über die US-Tochter durchgeführt. Sämtliche Verhandlungen und auch die Ausarbeitung der juristischen Verträge wurden durch die CargoLifter Inc. geführt. Neben dem Kauf des Luftschiffes, des Masttrucks, des mobilen Mastes und eines umfangfreichen Ersatzteilpaketes mussten zudem bis zur Zulassung als in Deutschland registriertes Luftschiff alle Flüge unter amerikanischer Zulassung durchgeführt werden. Darunter fielen auch die Kosten für die Piloten etc. bis hin zur Wartung des Luftschiffes inkl. der Motoren. Erst mit der Anerkennung als Wartungsbetrieb und der Musterzulassung in Deutschland konnte das Luftschiff aus den USA komplett übernommen werden – d.h. alle Kosten wurden entsprechend auch über die US-Tochter abgewickelt. Die Anschaffungskosten für das Luftschiff liegen alleine bei rd. 5 Mio US-$, wozu weitere Kosten für den Flugbetrieb zur Erlangung der Zulassung und auch Ausbildung der hiesigen Mannschaft gehörten. Damit wurde erreicht, dass nicht nur dieses Luftschiff eine deutsche Musterzulassung erhielt, sondern auch, dass die CargoLifter Airship Operations GmbH die Zulassung als Betreiber und die CargoLifter Development GmbH die Zulassung als Wartungsbetrieb erhielten. Bedauerlicherweise sind diese Werte durch die Entlassung des gesamten Personals und die Stillegung des Luftschiffes im Herbst 2002 verfallen, so dass der im Sommer 2003 letztlich erzielte Verkaufserlös nur noch einen Bruchteil des eigentlichen Wertes darstellt.

Die Erschließung des amerikanischen Marktes

Von Beginn an hatte die CargoLifter Inc. die Aufgabe, sich um die Erschließung des nord- und südamerikanischen Raumes zu bemühen, wobei das Management in der Regel zugleich auch die Vertretung von CargoLifter auf Frachttagungen im Nahen Osten und in Asien wahrgenommen hat. Hierzu hat die US-Tochter CargoLifter nicht nur auf den zahlreichen nationalen und internationalen Fachkongressen über Schwerlasten und auf LTA-Konferenzen vertreten, sondern auch ein hohes Maß an allgemeiner Kommunikation über die Fach-, Wirtschafts- und auch die Tagespresse erreicht. Der Name CargoLifter war in den USA als Brandname für den „fliegenden Kran“ etabliert, galt als Synonym für ein neues Großluftschiff in der Folge der „Zeppeline“ und auch als Beispiel einer technischen Innovation „Made in Germany“. Die Vertriebsaktivitäten schlugen sich erfolgreich im Abschluss sog. „Letter of Intents“ mit Firmen wie General Electric, Mitsui USA, Parsons etc. ab. Dazu gehört auch der weitergehende Vertrag mit der MAGLEV, einer Gesellschaft in den USA, die für den Bau und Betrieb einer Magnetbahn (Transrapid) gegründet wurde. Die Verbindung ging hier so weit, dass dort für den Bau bereits der CL 75 eingesetzt werden sollte. Daher war die Gesellschaft sogar dazu bereit, sich als Aktionär an CargoLifter zu beteiligen und CargoLifter wäre umgekehrt Gesellschafter dieses Unternehmens geworden. Dieser Share Swap konnte dann letztlich wegen der Insolvenz nicht mehr vollzogen werden. Gleiches gilt für den Verkauf des ersten CL 75 in den Markt an das kanadische Unternehmen Heavy Lift. Mit dem „leicht machen“ der schweren Bohrgestänge durch den von speziellen arktischen Motorfahrzeugen über das Eis gezogenen Transportballon hätte der riesige Markt der Öl- und Gaserschließung in Kanada und Alaska erschlossen werden können. Auch dieses Geschäft wurde maßgeblich von der US-Tochter aufgebaut, mußte aber im Zuge der Insolvenz eingestellt werden.

Der LOI mit Boeing

Im Mai 2002 gelang es der CargoLifter AG, einen Letter of Intent mit der Boeing Comp. zu unterzeichnen. Dieser Unterzeichnung gingen lange Kontakte, Gespräche und Untersuchungen durch nahezu alle wesentlichen Bereiche von Boeing voraus. Die Verhandlungen wurden von Beginn an unter Mitwirkung des Managements der US-Tochter geführt, die auch die amerikanischen Teams auf dem Brand mit begleitet hat sowie auch am entscheidenden Gespräch mit dem Technikvorstand in Chicago teilnahm. Ein solcher LOI ist für ein junges Unternehmen in der Luftfahrt in einer bisher von den großen Konzernen eher unbeachteten Technologie nicht nur eine besondere Anerkennung, sondern auch Basis für zukunftsträchtige Geschäftsbeziehungen. Bedauerlicherweise hat das Bundeswirtschaftsministerium trotz dieser Anerkennung durch einen der größten Luftfahrtkonzerne der Welt, die diesen LOI ja erst nach eingehender technischer Überprüfung unterzeichnet haben, CargoLifter wegen angeblicher „Zweifel an der technischen Machbarkeit“ wenige Wochen später die Unterstützung verwehrt. Trotz der Insolvenz hat das CargoLifter-Entwicklungsteam im Sommer 2002 noch einen Auftrag für Boeing gegen Bezahlung durchführen können, ehe dann auch diese Mitarbeiter vom Insolvenzverwalter entlassen wurden. 

Fazit

Auch wenn wir heute mangels Zugriff zu den Unterlagen die einzelnen Zahlen nicht in der Tiefe nachvollziehen können und auch keinen Einblick in die Berechnungsmethodik des Insolvenzverwalters haben, so ist es mit den in diesem Statement aufgeführten Aktivitäten und Kosten ohne weiteres möglich, Ausgaben in Höhe von rd. 60 Mio. nachzuvollziehen und vor allem auch zu verstehen, warum wir diese Aktivitäten in den USA durchgeführt bzw. über die US-Tochter abgewickelt haben. Die Aktivitäten sind auch für Jedermann an Hand der einzelnen Veröffentlichungen in den Geschäftsberichten und den LifterNews und auch allgemeinen Zeitungsberichten nachvollziehbar. Ebenfalls nachvollziehbar ist damit auch die Tatsache, dass mit den in die USA geflossenen Geldern Aufgaben wahrgenommen wurden, die integraler Bestandteil des Gesamtprojektes waren und dass damit erhebliche Werte geschaffen wurden – teilweise sogar die nach außen sichtbarsten wie der CL 75, der Charly, die Verträge mit GE, Boeing etc.

Vor diesem Hintergrund ist es ein unglaublicher Vorgang, dass der Insolvenzverwalter dennoch pauschal in der Öffentlichkeit ohne Vorlage irgendwelcher konkreter Unterlagen oder einer Rückfrage beim Management rufmordende Verdächtigungen gegen das Management ausspricht. Genauso befremdend ist es, dass diese Werte gerade von demjenigen in Zweifel gezogen werden, der als Insolvenzverwalter nach dem Gesetz für die Erhaltung dieser Werte zuständig ist. Eben diese Werte wurden aber leider unter seiner Obhut zerstört und verschrottet, für einen Bruchteil des Wertes veräußert oder einfach zerredet und fallengelassen. Vielleicht ist die eigentliche Frage nicht die, welche Werte geschaffen wurden, sondern warum diese mühsam geschaffenen Werte innerhalb nur eines Jahres unter dem Insolvenzverwalter nahezu ausnahmslos vernichtet wurden.

 

Dr. Carl-Heinrich von Gablenz (info@cargolifter.de)